Meldepflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen nach EU-Meldepflichtgesetz

In welchen Fällen ergibt sich eine Meldepflicht und welche Fristen sind zu beachten?

Überblick EU-Meldepflichtgesetz

Mit dem „EU-Meldepflichtgesetz“ wurde die EU-Richtlinie 2018/822 in österreichisches Recht umgesetzt. Der Anwendungsbereich des EU-Meldepflichtgesetz ist sehr umfangreich und betrifft nicht nur Unternehmen sondern grundsätzlich auch Privatpersonen.

Meldepflichtig sind grenzüberschreitende Gestaltungen, sofern sie ein Risiko auf Steuervermeidung aufweisen und bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die im EU-Meldepflichtgesetz definiert sind. Zu unterscheiden sind unbedingt und bedingt meldepflichtige Gestaltungen. Rein innerstaatliche Gestaltungen sind nicht von der Meldepflicht betroffen.

Steuergestaltungen, die unter das EU-Meldepflichtgesetz fallen, sind an die österreichischen Finanzbehörden zu melden. Die Meldepflicht trifft dabei nicht nur zukünftige Fälle, sondern betrifft auch bereits umgesetzte Gestaltungen („Altfälle“, rückwirkend ab 25.6.2018).

Insbesondere unter Berücksichtigung der hohen Strafen bei Verletzung der Meldepflicht, ist eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall zu empfehlen.

Wann liegt eine meldepflichtige Gestaltung vor?

Meldepflicht besteht für eine

  • marktfähige oder maßgeschneiderte
  • grenzüberschreitende
    Meldepflichtig sind nur grenzüberschreitende Gestaltungen. Eine Gestaltung ist dann grenzüberschreitend, wenn sie Österreich und einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder Österreich und einen oder mehrere Drittstaaten betrifft.
  •  Gestaltung
    Eine Gestaltung im Sinne des EU Meldepflichtgesetz ist ein Schaffensprozess bei dem eine bestimmte Struktur, ein Prozess oder eine Situation bewusst und aktiv herbeigeführt oder verändert wird und sich dadurch eine steuerliche Auswirkung ergibt, die ansonsten nicht eintreten würde.
  •  wenn die Gestaltung das Risiko
    • der Steuervermeidung oder
    • der Umgehung von Meldepflichten nach dem GMSG („Gemeinsamer Meldestandard Gesetz“) oder
    • der Verhinderung der Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers

Das Risiko der Steuervermeidung ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Gefahr der Aushöhlung nationaler Steuerbemessungsgrundlagen vorliegt, das heißt wenn die Gestaltung einer Verringerung der Gesamtsteuerbelastung des Steuerpflichtigen dient.

Laut der aktuellen BMF-Info zum EU-Meldepflichtgesetz (im Begutachtungsentwurf) sind damit nicht solche Steuervorteile umfasst, die ausdrücklich im österreichischen Abgabenrecht geregelt sind (z.B. das Erreichen von Mindestgrenzen bei Schachtelbeteiligungen oder das Abwarten von gesetzlichen Fristen).

unbedingt vs. bedingt meldepflichtigen Gestaltungen

Das EU-Meldepflichtgesetz unterscheidet zwischen unbedingt und bedingt meldepflichtigen Gestaltungen.

Unbedingt meldepflichtige Gestaltungen sind im Gesetz ausdrücklich aufgezählt. Fällt eine Gestaltung unter einen der folgenden Tatbestände, führt diese ohne weitere Prüfung von Voraussetzungen (Steuervorteil ist keine Voraussetzung) jedenfalls zu einer Meldepflicht an das zuständige Finanzamt.

Bei unbedingt meldepflichtigen Gestaltungen handelt es sich um folgende Tatbestände:

  • abzugsfähige grenzüberschreitende Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen, wenn
    • Empfänger der Zahlung in keinem Hoheitsgebiet oder
    • in nicht-kooperierendem Drittstaat ansässig ist
  • Doppelabschreibung von Vermögenswerten („cross-border-Leasing“)
  • Mehrfache Befreiung von Doppelbesteuerung für dieselben Einkünfte oder Vermögen
  • Unterschiedliche Bewertungsansätze bei Übertragung von Vermögen
  • Gefährdung automatischer Informationsaustausch
  • intransparente Kette an rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentümern durch Zwischengesellschaften
  • Verrechnungspreisgestaltungen, die unilaterale Safe-Harbor-Regeln nutzen
  • Verrechnungspreisgestaltungen mit Übertragung von schwer zu bewertenden immateriellen Vermögenswerten
  • Verrechnungspreisgestaltungen, bei denen eine konzerninterne grenzüberschreitende Übertragung von Funktionen, Risiken oder Vermögenswerten in bestimmten Ausmaß stattfindet

Bedingt meldepflichtige Gestaltungen sind nur meldepflichtig, wenn zusätzlich der „Main Benefit Test“ erfüllt ist. Beim „Main Benefit Test“ wird auf den wesentlichen Zweck der Gestaltung abgestellt und geprüft, ob der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile der Gestaltung die Erzielung eines Steuervorteils ist. Das Risiko der Steuervermeidung und der „Main Benefit Test“ sind unterschiedliche Voraussetzungen, die gesondert zu prüfen sind.

Bei bedingt meldepflichtigen Gestaltungen handelt es sich um folgende Tatbestände:

  • Vereinbarung von Vertraulichkeitsklauseln
  •  erfolgsabhängiges Honorar für Intermediär
  •  standardisierte Gestaltungen
  •  Nutzung von Verlust-Mantelgesellschaften
  •  Umwandlung von Einkünften in niedriger besteuerte oder steuerbefreite Einnahmen
  •  Transaktionen zu zirkulären Vermögensverschiebungen
  •  abzugsfähige grenzüberschreitende Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen, wenn
    • der Empfängerstaat eine KöSt von Null oder nahezu Null einhebt
    • die Zahlung im Ansässigkeitsstaat des Empfängers steuerlich nicht erfasst wird oder vollständig von der Steuer befreit ist
    • die Zahlung im Ansässigkeitsstaat des Empfängers in den Genuss eines präferentiellen Steuerregimes kommt

Meldefristen: Bis wann hat die Meldung zu erfolgen?

Die Meldefrist für neue meldepflichtige Gestaltungen ab 1.7.2020 ist mit 30 Tagen sehr kurz. Die Frist beginnt dabei bereits mit Abschluss der finalen Konzeption oder dem ersten Schritt zur Umsetzung zu laufen!

Die bis 30.6.2020 bereits umgesetzten Gestaltungen („Altfälle“) sind bis 31.8.2020 zu melden.

Da einige wesentliche Fragen in Zusammenhang mit der Meldepflicht noch unklar sind, wurde vom BMF nun eine Information zur Anwendung des Meldepflichtgesetzes (Auslegungsbehelf) als Entwurf zur Begutachtung bis 30. Juli 2020 versandt.  Laut diesem Entwurf wird Österreich die Meldefristen grundsätzlich nicht verlängern – aus technischen Gründen wird die elektronische Meldung jedoch voraussichtlich erst ab Oktober 2020 möglich sein. Die Frist für die elektronische Übermittlung wird aus diesem Grund bis 31. Oktober 2020 verlängert. Auch die Sanktionen gegen eine Verletzung der EU-Meldepflichten sollen bis dahin ausgesetzt werden.

Auf den Punkt gebracht:

Auch wenn Österreich von der Möglichkeit, die Meldefristen zu verlängern nicht Gebrauch gemacht hat, ergibt sich durch die technischen Verzögerungen bei der elektronischen Meldung dennoch eine Fristverlängerung für die Übermittlung bis zum 31. Oktober 2020. Über die inhaltlichen Aussagen zum Anwendungsbereich und zur Auslegung der Meldepflichten in der vorliegenden BMF-Info werden wir Sie nach Ende der Begutachtungsfrist (30. Juli 2020) informieren. Die Prüfung ob eine Gestaltung die Kriterien erfüllt und somit eine Meldepflicht nach EU-Meldepflichtgesetz vorliegt, kann nur im Einzelfall beurteilt und geprüft werden.

Gerne unterstützen wir Sie! Melden Sie sich bei Ihrem KPS-Betreuer.

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