In den letzten Wochen haben Vereine leider negative Schlagzeilen in den Medien geliefert. Von Förderskandalen wegen zu Unrecht bezogener Fördergelder, angeblicher Verwendung von Vereinsvermögen für private Zwecke von Leitungsorganen des Vereins und Betrug war dabei die Rede.
Als Leser solcher Meldungen stellt man sich dann die Frage: wie konnte das – sofern die Behauptungen stimmen – geschehen, hat das niemand frühzeitig bemerkt?
Ich möchte in meinem Beitrag ein paar grundsätzliche Überlegungen im Zusammenhang mit den Mindestanforderungen des Vereinsgesetzes (in den Vereinsstatuten können strengere Anforderungen festgelegt werden) zur Kontrolle der „Geschäftsführung“ bei Vereinen anstellen.
Es geht dabei um folgende Fragen:
- In welcher Form ist die Kontrolle bei einem Verein vorgesehen?
- Was wird mit den vorgeschriebenen Kontrollen erreicht?
- Welche Schlüsse kann man daraus ziehen?
1. Art und Gegenstand sowie Zweck der Kontrolle
Nach dem Vereinsgesetz 2002 („VerG“) errichtete Vereine haben eine Kontrollinstanz in Form der Rechnungsprüfer. Das Gesetz verlangt mindestens zwei Rechnungsprüfer. Wenn der Verein eine bestimmte Größe erreicht (gewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben von > EUR 3 Mio pa oder gesammelte Spenden von > EUR 1 Mio pa, jeweils in zwei aufeinanderfolgenden Jahren für Vereine gem § 22 Abs 2 VerG), tritt an die Stelle der Rechnungsprüfer ein Abschlussprüfer. Das Gesetz verlangt bei diesen großen Vereinen somit eine „Professionalisierung“ der Prüfung; Abschlussprüfer verfügen als Wirtschaftsprüfer über die für eine derartige Prüfung erforderliche Ausbildung und Fachkenntnis.
Was sind nun die Aufgaben (Gegenstand der Prüfung) dieser Kontrollinstanz?
In § 21 Abs 2 VerG ist angeordnet, dass die Rechnungsprüfer die Finanzgebarung des Vereins im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung und die statutengemäße Verwendung der Mittel zu prüfen haben. Diese Prüfung hat binnen vier Monaten ab Erstellung der Einnahmen- und Ausgabenrechnung zu erfolgen.
In § 21 Abs 3 VerG wird von den Rechnungsprüfern gefordert, dass sie auch festgestellte Gefahren für den Bestand des Vereins aufzuzeigen und auf ungewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben, insbesondere auf Insichgeschäfte – damit sind Geschäfte gemeint, die Leitungsorgane mit dem Verein abschließen – besonders einzugehen haben. Bei den Aufgaben „Feststellung von Bestandsgefährdungen für den Verein“ und „ungewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben“ ist besonders zu beachten, dass diese nur dann sinnvoll erfüllt werden können, wenn sich die Rechnungsprüfer auch unterjährig mit der finanziellen Situation des Vereins beschäftigen und in bestimmten Abständen Auskünfte beim Leitungsorgan darüber einholen und Einsicht in die Buchhaltung nehmen. Die in § 21 Abs 2 VerG angesprochene 4 Monatsfrist ab Erstellung der Einnahmen-/Ausgabenrechnung gilt hier nicht!
Was ist mit der Prüfung der Finanzgebarung gemeint?
Es ist einerseits die formale Richtigkeit der Buchhaltung des Vereins zu prüfen, dh bei kleinen Vereinen (gewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben bis max EUR 1 Mio pa) die Vollständigkeit der verzeichneten Einnahmen und Ausgaben sowie der Vermögensübersicht.
Die Verantwortung für die Einrichtung einer adäquaten Buchhaltung mit laufender Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben sowie die Aufstellung des Rechnungsabschlusses innerhalb von fünf Monaten nach Ende des Rechnungsjahres liegt beim Leitungsorgan des Vereins.
Zu den verzeichneten Ausgaben müssen aussagekräftige Eingangsrechnungen oder Kassenbelege vorhanden sein. Der Bestand der Finanzmittel lt Bankkonto, Sparbuch und evtl. Handkassa muss sich mithilfe der Einnahmen/Ausgaben-Rechnung nachvollziehen lassen, und die Entwicklung der Vermögensübersicht muss mit den Einnahmen und Ausgaben abstimmbar sein, die Vermögensgegenstände vorhanden sein.
Andererseits ist auch die statutengemäße Verwendung der Mittel zu prüfen, dh es ist zu überprüfen, ob die getätigten Ausgaben durch die Vereinssatzung gedeckt sind.
Bei Vereinen, die mehr als EUR 1 Mio an gewöhnlichen Einnahmen oder Ausgaben in zwei aufeinanderfolgenden Jahren haben, sind anstelle einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung verpflichtend eine Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. Prüfungsgegenstand ist somit hier neben der statutengemäßen Mittelverwendung und der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung auch die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses. Wird der Jahresabschluss nicht von einem dazu befugten Bilanzbuchhalter oder Steuerberater aufgestellt, so verlangt die Prüfung des Abschlusses von den Rechnungsprüfern insofern eine höhere Qualifikation, als bei einer Bilanz im Gegensatz zur Einnahmen-/Ausgaben-Rechnung auch Bewertungsfragen (dies betrifft z.B. Forderungen oder Rückstellungen) zu lösen sind.
Der Gesetzgeber berücksichtigt schließlich den höheren Informations- und Kontrollbedarf bei den großen Vereinen gem § 22 Abs 2 VerG aufgrund ihres wirtschaftlichen Gewichts, indem hier verpflichtend die Abschlussprüfung angeordnet ist. Der Abschlussprüfer übernimmt neben den Aufgaben im Rahmen einer Abschlussprüfung, wie sie für Kapitalgesellschaften vorgesehen ist, auch die Aufgaben der Rechnungsprüfer.
Welchem Zweck dient die Kontrolle durch die Rechnungsprüfer?
Die vorgesehene Kontrolle hat zum einen eine general-präventive (disziplinierende) Funktion. Alleine durch die verpflichtend angeordnete Prüfung der Finanzgebarung soll ein sorgfältiger Umgang der Leitungsorgane mit den ihnen anvertrauten Mitteln des Vereins herbeigeführt werden. Sie dient zum anderen jedenfalls dann, wenn Gebarungsmängel aufgezeigt werden, dazu, das Leitungsorgan zur Beseitigung derselben zu veranlassen und im Falle von Bestandsgefährdungen frühzeitig Maßnahmen dagegen treffen zu können.
Im Falle gravierender Mängel (das Gesetz spricht von beharrlichen und schwerwiegenden Verstößen des Leitungsorgans gegen die ihm obliegenden Rechnungslegungspflichten) sollen die Mitglieder direkt durch eine von den Rechnungsprüfern einberufene Vereinsversammlung davon in Kenntnis gesetzt werden können.
Welche Qualifikation müssen die Rechnungsprüfer haben?
Das Gesetz schreibt lediglich vor, dass die Rechnungsprüfer unabhängig und unbefangen sein müssen; damit es zu keiner Selbstprüfung kommt, dürfen sie auch nicht dem allenfalls eingerichteten Aufsichtsorgan oder dem Leitungsorgan des Vereins angehören. Als Anspruchsniveau an Rechnungsprüfer wird gelten, dass sie keine wirtschaftliche Abhängigkeit von oder persönliche Nahebeziehung zu den Leitungsorganen haben dürfen und für die übernommene Aufgabe das erforderliche betriebswirtschaftliche Verständnis aufweisen müssen, insbesondere auch im Hinblick auf das Erkennen von Bestandsgefahren für den Verein. Und es bedeutet in weiterer Folge, wie oben bereits angerissen, dass bei großen Vereinen gem §22 Abs 1 VerG für die Rechnungsprüfer auch ein Verständnis über Bilanzen vorhanden sein muss.
Bei den ganz großen Vereinen gem § 22 Abs 2 VerG ist das Anspruchsniveau ohnehin durch die Heranziehung eines Abschlussprüfers definiert, der bei seiner Prüfungsdurchführung internationale Prüfungsstandards beachten muss. Ein Abschlussprüfer wird deshalb in seine Prüfungshandlungen auch Überlegungen zu möglichen fraudulenten (betrügerischen) Handlungen der Leitungsorgane einfließen lassen. Dies bedeutet auch, dass sowohl die Ausgaben- als auch die Einnahmenseite kritisch gewürdigt werden. Sind die Ausgaben/Aufwendungen belegmäßig nachgewiesen und in den Statuten gedeckt, sind die behaupteten Erträge aus der Leistungserbringung (inklusive Subventionen) des Vereins erklärbar?
2. Wird mit den angeordneten Kontrollen der Zweck erreicht?
Die Rechnungsprüfung im Sinne des VerG ist – bezogen auf die Vollständigkeitsprüfung – eine sogenannte nachlaufende Kontrolle, dh, mit ihr können Fehler (bewusste und unbewusste) in der Gebarung durch die Leitungsorgane aufgrund des Prüfrhythmus uU erst längere Zeit nachdem diese gemacht wurden aufgedeckt werden.
Der mit § 21 Abs 3 VerG verfolgte Zweck des frühzeitigen Erkennens von Bestandsgefährdungen, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, kann nur dann erreicht werden, wenn sich die Rechnungsprüfer auch unterjährig mit den Beschlüssen des Leitungsorgans befassen und Einsicht in die Buchhaltung nehmen.
Auch für die statutengemäße Verwendung der Vereinsmittel gilt, dass der angestrebte Zweck nur dann vollständig erreicht wird, wenn die Rechnungsprüfer zeitnah über deren Verwendung im Bilde sind.
3. Welche Schlüsse kann man daraus ziehen?
Um mit der Kontrollinstanz „Rechnungsprüfer“ den beabsichtigten Zweck zu erreichen, müssen Fehler und Mängel in der Gebarung durch die Prüfer erkannt und benannt werden. Dazu müssen sie über ausreichende Sachkenntnis, eine kritische Grundhaltung und Distanz zu den geprüften Leitungsorgangen (Rechnungsprüfung darf nicht als Freundschaftsdienst verstanden werden) verfügen. Die Rechnungsprüfer müssen bereit sein, sich nicht nur einmal, sondern mehrmals im Jahr mit der Gebarung des Vereins zu befassen. Ein Rechnungsprüfer muss sich daher vor Übernahme dieser Funktion fragen, ob er die Voraussetzungen und Bereitschaft für diese Aufgabe erfüllt.
Auch die Mitgliederversammlung sollte sich fragen, ob die nominierten Rechnungsprüfer ihrer Aufgabe gewachsen sind und die erforderliche Distanz vorhanden ist, oder die Aufgabe der Rechnungsprüfung nicht besser an unabhängige externe Experten ausgelagert werden sollte.
Professionelle Rechnungsprüfer in Gestalt der Abschlussprüfer, wie sie bei den ganz großen Vereinen von Gesetzes wegen vorgesehen sind, werden sich insbesondere auch mit ungewöhnlichen Einnahmen oder Ausgaben befassen. Die Mitgliederversammlung wäre mE gut beraten, auch schon bei großen Vereinen nach § 22 Abs 1 VerG die Aufgaben der Rechnungsprüfer extern zu vergeben, wenn in den eigenen Reihen die Voraussetzungen für eine sachkundige und unabhängige Prüfung nicht gegeben sind.
Wir stehen für die Übernahme derartiger Aufgaben gerne zur Verfügung!
Mag. Robert Pieslinger Johannes Loy, MSc
Partner | Geschäftsführer Steuerberater | Wirtschaftsprüfer
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