Verdienstentgang bei Betriebsschließungen – Auswirkungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes

Um die aktuelle Pandemie (Virus „COVID-19“) einzudämmen, hat die Bundesregierung unter anderem die Schließung von Betriebsstätten angeordnet. Diese mittels Verordnung durchgesetzten Betriebsschließungen und die dadurch bedingte Unmöglichkeit des Tätigwerdens bedingen für fast alle österreichischen Unternehmen einen Verdienstentgang.

Im Jahr 1950 wurde von der damaligen Regierung das Epidemiegesetz verabschiedet, welches den Verdienstentgang in einer solchen Situation in §32 regelt.

  • Der Verdienstentgang steht bei Vorliegen der Voraussetzungen (siehe Gesetzestext) für jeden Tag der behördlichen Schließung zu und bemisst sich für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen.
  • Für Dienstnehmer von betroffenen Unternehmen wird auf das regelmäßige Entgelt nach Entgeltfortzahlungsgesetz abgestellt.

Anstelle der klaren deutlichen Regelung im Epidemiegesetz wurden verschiedenste neue Maßnahmen ins Leben gerufen, darunter die neue Kurzarbeit, Härtefällefonds und Nothilfefonds, sowie Garantien für Überbrückungskredite.

Somit wurde der Verdienstentgang nach Bekanntwerden der Tatsache, dass es sich bei COVID-19 um eine Pandemie handelt, gegen eine Vielzahl von gegenüber dem Epidemiegesetz ungünstigeren Regelungen ersetzt.

Das Epidemiegesetz besteht aber weiterhin!!

Ist eine Maßnahme nach dem Epidemiegesetz erfolgt, beispielsweise

  • § 7 Epidemiegesetz: „Absonderung Kranker“ (=Quarantäne)
  • § 17 Epidemiegesetz: „Überwachung bestimmter Personen“ (=Quarantäne)
  • § 20 Epidemiegesetz: „Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen“ (mittels Verordnung oder Bescheid),

kann ein Entschädigungsanspruch nach dem Epidemiegesetz entstanden sein, wobei dies vom Datum des Bescheides der Maßnahme und der möglichen Verfassungswidrigkeit des COVID-19-Maßnahmengesetzes abhängt.


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Vergütung für den Verdienstentgang

§ 32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

  1. sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind, oder
  2. ihnen die Abgabe von Lebensmitteln gemäß § 11 untersagt worden ist, oder
  3. ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß § 17 untersagt worden ist, oder
  4. sie in einem gemäß § 20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder
  5. sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder
  6. sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung gemäß § 22 angeordnet worden ist, oder
  7. sie in einer Ortschaft wohnen oder berufstätig sind, über welche Verkehrsbeschränkungen gemäß § 24 verhängt worden sind,

und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.

(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.

(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, ist vom Bund zu ersetzen.

(4) Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.

(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen.
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Die Herausforderung besteht nun darin, herauszufinden, auf Basis welcher gesetzlichen Bestimmungen die Einschränkungen erfolgt sind. So sind die Maßnahmen der Einschränkung des „Betreten(s) von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen sowie Arbeitsorte“ sowie des „Betreten(s) von bestimmten Orten“ auf Basis des COVID-19-Maßnahmengesetz erfolgt und dieses Gesetz sieht keine Entschädigungen vor.

Juristen sind sich derzeit noch uneinig, ob diese Regelung im COVID-19-Maßnahmengesetz verfassungswidrig ist und empfehlen einen Antrag auf Verdienstentgang (Vorlage BH Baden) nach §32 Epidemiegesetz zumindest zu überlegen; insbesondere dann, wenn kein Anspruch nach COVID-19-Maßnahmengesetz besteht.

Der Anspruch auf Vergütung nach dem Epidemiegesetz (Vergütungen für den Verdienstentgang) ist binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei jener Bezirksverwaltungsbehörde geltend zu machen, in deren Bereich diese Maßnahme getroffen wurde – also dort, wo der Betrieb situiert ist. Nach Ablauf der sechs Wochen nach Beendigung der Maßnahmen, kann kein Antrag mehr gestellt werden!

Derzeit gibt es kein österreichweit einheitliches Formular für diesen Antrag. Soll der Antrag gestellt werden, empfehlen wir ein

  • formloses Schreiben (siehe Vorlage BH Baden)mit dem Titel „Antrag auf Vergütung des Verdienstentgangs nach § 32 Epidemiegesetz“ an die Bezirksverwaltungsbehörde zu senden,
  • sich den Erhalt bestätigen zu lassen und
  • jedenfalls innerhalb der 6-wöchigen Frist um schriftliche Stellungnahme zu ersuchen, ob der Antrag als eingebracht gilt.
  • Als Nachweis des entgangenen Verdienstes wird eine Aufstellung des Gewinns der letzten Monate beizubringen sein.

Unsere Empfehlung:

Die aktuelle Rechtslage mit Ihrem Rechtsanwalt zu besprechen. Wir unterstützen Sie auch gerne, einen geeigneten Rechtsanwalt für Ihre Beratung zu finden.

Für den betroffenen Unternehmer ergeben sich unserer Sicht folgende Möglichkeiten:

  • Haben Sie auf Basis des Epidemiegesetz eine Beschränkung (Bescheid oder Verordnung) erfahren, so wird ein Entschädigungsantrag empfehlenswert sein. Achten Sie auf die Fristen und nehmen Sie Kontakt mit Ihrem Rechtsanwalt auf.
  • Für alle anderen Unternehmer gilt, dass eine zumindest theoretische Chance besteht, dass die Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben werden. Daraus resultieren 2 Möglichkeiten:
  1. Selbst einen Antrag bei der Bezirksverwaltungsbehörde auf Entschädigung nach dem Epidemiegesetz stellen.
  • Das Verfahren muss dann bis zum Verfassungsgerichtshof auf eigenes Risiko und eigene Kosten durchgefochten werden.
  • Die Variante mit den höchsten Erfolgsaussichten.
  • Die Kosten des Verfahrens und die Erfordernisse (Fristenwahrung, Anwaltszwang, lange Verfahrensdauer) sind in Relation zu der möglichen Entschädigung abzuwägen.
  1. Abwarten ob eine Aufhebung des COVID-19-Maßnahmengesetzes tatsächlich erfolgt und diesfalls die Ansprüche mittels Amtshaftungsklage durchsetzen versuchen.
  • Juristisch nicht sichere Variante
  • Geringere Kosten, 3 Jahre Zeit (ab dem Schadenseintritt)

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Inkrafttretensdatum 16.3.2020

Betreten von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen sowie Arbeitsorte

  • 1. Beim Auftreten von COVID-19 kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen oder Arbeitsorte im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. In der Verordnung kann geregelt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit jene Betriebsstätten betreten werden dürfen, die vom Betretungsverbot ausgenommen sind.

Betreten von bestimmten Orten

  • 2. Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Die Verordnung ist
  1. vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt,
  2. vom Landeshauptmann zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Landesgebiet erstreckt, oder
  3. von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf den politischen Bezirk oder Teile desselben erstreckt.

Das Betretungsverbot kann sich auf bestimmte Zeiten beschränken.

Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes

  • 2a. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden und Organe über deren Ersuchen bei der Ausübung ihrer beschriebenen Aufgaben bzw. zur Durchsetzung der vorgesehenen Maßnahmen erforderlichenfalls unter Anwendung von Zwangsmitteln zu unterstützen.

(2) Sofern nach der fachlichen Beurteilung der nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden im Rahmen der nach Abs. 1 vorgesehenen Unterstützung für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach der Art der übertragbaren Krankheit und deren Übertragungsmöglichkeiten eine Gefährdung verbunden ist, der nur durch besondere Schutzmaßnahmen begegnet werden kann, so sind die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden verpflichtet, adäquate Schutzmaßnahmen zu treffen.

Strafbestimmungen

  • 3. (1) Wer eine Betriebsstätte betritt, deren Betreten gemäß § 1 untersagt ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro zu bestrafen.

(2) Wer als Inhaber einer Betriebsstätte nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, deren Betreten gemäß § 1 untersagt ist, nicht betreten wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 30 000 Euro zu bestrafen. Wer als Inhaber einer Betriebsstätte nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte höchstens von der in der Verordnung genannten Zahl an Personen betreten wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro zu bestrafen.

(3) Wer einen Ort betritt, dessen Betreten gemäß § 2 untersagt ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro zu bestrafen.

Inkrafttreten

  • 4. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

(2) (2) Hat der Bundesminister gemäß § 1 eine Verordnung erlassen, gelangen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186/1950, betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung nicht zur Anwendung.

(1a) Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2020 tritt rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft.

(3) Die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 bleiben unberührt.

(4) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können vor seinem Inkrafttreten erlassen werden, dürfen jedoch nicht vor diesem in Kraft treten.
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