Nachhaltigkeitsberichte – Achtung: zusätzliche Berichtspflichten für große Unternehmen

Durch eine EU-Richtlinie („Non-Financial Reporting Directive“ – NFRD; 2014/95/EU) und deren Umsetzung im nationalen Recht (Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz; NaDiVeG 2017) sind in Österreich schon bisher vor allem große Unternehmen, deren Wertpapiere in einem geregelten EU-Börsenmarkt notiert sind, zur Angabe von nicht-finanziellen und Diversität betreffenden Informationen  verpflichtet.

Im April 2021 wurde von der Europäischen Kommission ein Vorschlag für eine überarbeitete Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen („Corporate Sustainability Reporting Directive“, kurz „CSRD“) vorgelegt, der in Punkto Adressatenkreis und Berichtsumfang erheblich über NFRD hinausgeht.

Das Motiv hinter diesen Richtlinien ist es, die europäische Wirtschaft zu einem nachhaltigen Wirtschafts- und Finanzsystem im Einklang mit den UN-Klimazielen (Begrenzung des Temperaturanstiegs) hin zu entwickeln.  In der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird ein Instrument gesehen, diese Ziele durch Beeinflussung des Verhaltens von Unternehmen (und wohl auch Konsumenten) zu erreichen.

Unter dem Stichwort „European Green Deal“ können die diversen Initiativen dazu, die auf Ebene der Europäischen Union 2020 vorgelegt wurden, nachverfolgt werden. Erwähnt sei ein Baustein dazu, die inzwischen viel diskutierte Taxonomie Verordnung, mit der es künftig möglich sein soll, Investitionen – in vereinfacht gesprochen – „gut“ und „böse“ zu unterscheiden.

Für die mit der Umsetzung der Anforderungen betroffenen Unternehmen stellen sich folgende Fragen:

  1. Was kommt auf uns zu, wenn der Vorschlag für CSRD als Richtlinie umgesetzt wird?
  2. Woran können wir uns bei dieser zusätzlichen Berichterstattung orientieren?
  3. Welcher Zeitrahmen ist dabei zu beachten?

Darauf gibt es aus heutiger Sicht folgende Antworten:

1.a       Der Kreis der von der Berichtspflicht betroffenen Unternehmen wird erheblich erweitert.

Neben den bisher verpflichteten Unternehmen mit Kapitalmarktnotierung werden künftig uA auch bereits große Kapitalgesellschaften ( = bei Überschreiten von zwei der drei folgenden Kriterien:  EUR 20 Mio Bilanzsumme, EUR 40 MIo Umsatzerlöse, 250 Beschäftigte) sowie kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen betroffen sein.

In Österreich schätzt man, dass künftig ca 2.000 (bisher 200) Unternehmen unter die neuen Berichtspflichten fallen.

1.b       Der Umfang der Berichtspflicht wird erheblich ausgeweitet

Das Unternehmen hat in seinem Lagebericht  künftig uA Angaben zu machen über

  • Sein Geschäftsmodell und seine -strategie, einschließlich Angaben
    • Zur Widerstandsfähigkeit des Geschäftsmodells und der Strategie im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte (sog. „outside-in“-Perspektive)
    • Zu den Chancen des Unternehmens im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten
    • Zu den beabsichtigten Beiträgen des Unternehmens zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C („inside-out“-Perspektive)
  • Die selbst gesetzten Nachhaltigkeitsziele und die Fortschritte bei deren Erreichung
  • Die Rolle der Leitungs- und Aufsichtsorgane im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten
  • Die Nachhaltigkeitspolitik des Unternehmens
  • Indikatoren, die für die oben genannten Offenlegungen relevant sind

Daneben sind gem Richtlinienvorschlag auch Informationen über immaterielle Anlagewerte (nicht bilanzierte) offenzulegen, einschließlich Angaben zu intellektuellem Kapital, Humankapital, sozialem Kapital und Beziehungskapital.

Die geforderten Angaben umfassen zukunftsgerichtete und vergangenheitsbezogene sowie qualitative und quantitative Angaben.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung als Teil des Lageberichts ist von einem Abschlussprüfer oder einem unabhängigen Prüfungsdienstleister zu prüfen.

  1. Anhalt für die Umsetzung der Berichtspflicht

Die Berichterstattung geht über die traditionelle Finanzberichterstattung weit hinaus. Was hier an Offenlegung im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung eingefordert wird, wird im Englischen als „Accountability“ bezeichnet, es geht um Offenlegung der Verantwortung für das wirtschaftliche Handeln (Rechenschaft).

Die geforderten Angaben sollen mit anderen Unternehmen vergleichbar sein, um den Stakeholdern eine Entscheidungshilfe für ein Investment/eine Kunden-/Lieferantenbeziehung bieten zu können.

Damit Vergleichbarkeit ermöglicht wird, sollen entsprechende Standards für die Berichterstattung durch delegierte Rechtsakte der Europäischen Kommission erlassen werden.   Global gesehen existieren noch unterschiedliche Vorstellungen der Standardsetter über die künftigen Standards. Der Richtlinienentwurf sieht jedenfalls vor, dass die Europäische Kommission bei der Entwicklung europäischer Standards die internationalen Entwicklungen berücksichtigt. Und ab Geltungsbeginn ist jedenfalls eine periodische Überprüfung der dann anzuwendenden Standards durch die EFRAG, die europäische Beratergruppe für Rechnungslegung, vorgesehen.

  1. Zeitplan

Wenn die aktuellen – ambitionierten – Zeitvorstellungen der Kommission halten, dann soll spätestens im Juni 2022 auf europäischer Ebene (Einigung zwischen Europäischem Ministerrat und EU-Parlament) das „GO“ mit Verabschiedung der Richtlinie erteilt werden. Danach wäre die Richtlinie spätestens bis 1. Dezember 2022  in nationales Recht umzusetzen.

Kern-Standards sollen ab Ende Oktober 2022 bekannt sein, erweitere Standards sollen bis Ende Oktober 2023 durch delegierte Rechtsakte angenommen werden.

Die Erstanwendung der Regelungen gemäß CSRD soll für Geschäftsjahre mit Beginn ab 1.1.2023 gelten.

FAZIT

Nachhaltigkeitsberichterstattung ist für österreichische kapitalmarktorientierte Unternehmen bereits seit mehreren Jahren Pflicht.  Für Geschäftsjahre ab 1.1.2023 wird dies nun mit erweiterten Berichtspflichten – wenn es zu keinem Aufschub kommt – auch für nicht kapitalmarktorientierte große Gesellschaften gelten.

Wenn Kernstandards erst ab Ende Oktober 2022 bekannt sind, ist die Vorbereitungszeit für die Umsetzung bis zur Anwendungspflicht wohl sehr knapp; die zu berichtenden Daten und Indikatoren müssen ja erst im betrieblichen Berichtswesen neu erfasst oder erhoben werden, um darüber berichten zu können.  Umso mehr empfiehlt sich jedenfalls eine frühzeitige und eingehende Befassung mit diesem Thema. Werfen Sie für einen ersten Eindruck über die bisher geltenden Regeln einen Blick in die Nachhaltigkeitsberichte österreichischer Unternehmen.

Wir empfehlen für die konkrete Umsetzung dieser Berichtspflicht die Inanspruchnahme externer Berater. Gerne unterstützen wir resp. ein Kooperationspartner Sie dabei.

In einer unserer nächsten Ausgaben werden wir eine Expertin im Bereich Nachhaltigkeitsberichterstattung zu diesem Thema zu Wort kommen lassen.

Gerne stehen wir Ihnen für Fragen zur Verfügung.

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